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Werkvertrag ohne Gewerbeschein – ist das möglich?

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte vor kurzem zu beurteilen, ob ein Fliesenleger ohne Gewerbeberechtigung Werkvertragsnehmer sein kann oder ob etwa das Beistellen von Material und die Bezahlung nach Stunden die Qualifikation als „Dienstnehmertätigkeit“ zulassen. Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat dabei interessante und mitunter bemerkenswerte Schlüsse gezogen. Der VwGH bestätigte seine ständige Rechtsprechung, indem er die Prüfung der Leistungsbeziehung auf zwei wesentliche Merkmale beschränkt und nur in Ausnahmefällen eine tiefere Prüfung für zulässig erklärt hat. Lesen Sie mehr…

1. Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall wurde eine nicht dem Unternehmen zugehörige Person mit Fliesenlegerarbeiten beauftragt. Der Unternehmer besichtigte mit dem Fliesenleger die Baustellen, erteilte dort Aufträge an den Fliesenleger und handelte ein Entgelt mit dem Fliesenleger aus, das sich an einem pauschalen Stundensatz orientierte. Es kam seitens des Unternehmers nie zu Beanstandungen.

Material (zB Fliesen, Silikon, Kleber, etc.) wurde dem Fliesenleger durch den Endkunden des Unternehmers zur Verfügung gestellt, Werkzeug hatte der Fliesenleger selbst beizustellen. Eine Vertretung fand nicht statt, sie wurde aber auch nicht ausgeschlossen. Der Zugang zu den Baustellen wurde durch Übergabe eines Wohnungsschlüssels ermöglicht, den der Fliesenleger nach Beendigung wieder zu retournieren hatte. Die Beauftragung erfolgte stets mündlich. Der Unternehmer erkundigte sich regelmäßig über den Arbeitsfortschritt.

Im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) wurde ein Dienstverhältnis, sowohl im sozialversicherungs- als auch im steuer­rechtlichen Sinn, festgestellt.

Im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren wurde das Vorliegen eines Dienst­verhältnisses letztinstanzlich bereits verneint. Gegenstand des VwGH-Verfahrens war nunmehr die Frage des Vorliegens eines steuerlichen Dienstverhältnisses.

2. Die Beschwerde

Im Rahmen der Entscheidung über die eingebrachte Beschwerde betreffend die Haftungsbescheide des Finanzamts zu Lohnsteuer, DB und DZ hat das Bundesfinanzgericht das Vorliegen eines (steuerlichen) Dienstverhältnisses bejaht.

Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses sei ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts und sei weder dem bürgerlichen Recht noch dem Sozial­versicherungsrecht oder anderen Rechtsgebieten entnommen. Eine Bindung des BFG aus der Rechtsprechung betreffend andere Rechtsmaterien sei daher nicht vorhanden.

Nach steuerlichen Gesichtspunkten liegt ein Dienstverhältnis dann vor, „[…] wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist […]“.

Die Schuld des Steuerpflichtigen bestand, nach Ansicht des BFG, nicht im Werk, sondern in der Zurverfügungstellung von Arbeitskraft. Dies erkannte das BFG darin, als

  • bei terminlichen Engpässen Dienstnehmer des Unternehmers beigestellt wurden,
  • eine Abrechnung nach Stunden erfolgte und
  • eine Durchsetzbarkeit eines gewährleistungstauglichen Erfolgs mangels Vorliegens einer Gewerbeberechtigung angezweifelt werden müsse. Das Vorliegen einer 20-jährigen Berufsausübung habe darauf keinen Einfluss.

Zu den Fragen der Weisungsgebundenheit und der organisatorischen Eingliederung stellte das BFG fest:

  • Die organisatorische Eingliederung sei dadurch erwiesen, dass konkrete Aufträge auf die terminliche Notwendigkeit des Unternehmers abgestellt wurden. Um die Termine auch verwirklichen zu können, wurden gegebenenfalls Dienstnehmer des Unternehmers beigestellt.
  • Der Fliesenleger erhielt das Arbeitsmaterial vom Endkunden des Unternehmers.

Das BFG äußerte sich auch zu weiteren Vorbringen der Parteien:

  • Unternehmerwagnis: Die Vereinbarung eines pauschalen Stundensatzes spricht in den Augen des BFG gegen das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses. Das Bereitstellen eigener Arbeitsmittel sei kein Indiz für das Vorliegen eines Wagnisses, da auch Dienstnehmer Werbungskosten bei Einsatz eigener Arbeitsmittel geltend machen können.
  • Vertretungsbefugnis: Im Verfahren wurde vorgebracht, dass eine Vertretung zwar möglich, tatsächlich aber nicht nötig gewesen wäre. Das BFG wertete diesen Punkt gegen das Bestehen einer generellen Vertretungsbefugnis und folgerte, dass diese nicht beabsichtigt gewesen wäre.

Im Ergebnis sei daher vom Vorliegen eines steuerlichen Dienstverhältnisses auszugehen. Die Haftungsbescheide wurden bestätigt.

3. Das VwGH-Erkenntnis

Der Unternehmer erhob das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision, die zugelassen wurde. Der VwGH hob die bekämpften Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf!

Der VwGH ist auf die teilweise sehr ausführlichen Wertungen des BFG zu den diversen Merkmale eines Dienstverhältnisses nicht zur Gänze eingegangen. Vielmehr verwies der VwGH auf ein bereits ergangenes Erkenntnis seines verstärkten Senats, wonach die Prüfung des Vorliegens eines steuerlichen Dienstverhältnisses lediglich nach zwei Merkmalen zu untersuchen ist:

  • Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und
  • Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.

Dann, und nur dann, wenn diese beiden Merkmale keine klare Abgrenzung ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien abzustellen.

Dass die Mitarbeit von beigestellten Dienstnehmern des Unternehmers in „umfangreichem Umfang“ erfolgte, wie dies das BFG mutmaßt, ist laut VwGH nicht erwiesen. Die Zeugeneinvernahmen im Verfahren vor dem BFG geben dies nicht wieder. Eine entsprechende Eingliederung kann daher nicht abgeleitet werden. Das ins Treffen gebrachte „Nichteinstehen-Können“ für einen gewährleistungstauglichen Erfolg mangels Gewerbeberechtigung kann der Gerichtshof, nicht zuletzt durch die vorliegende langjährige Berufserfahrung, ebenfalls nicht nachvollziehen. Zur Beibringung des Arbeitsmaterials berücksichtigte das BFG laut VwGH nicht, dass dieses bereits vom Endkunden des Unternehmers bereitgestellt wurde. Die Kontrolle der Arbeiten an einer Baustelle durch den Unternehmer spricht ebenfalls nicht für das Vorliegen einer persönlichen Weisungsgebundenheit.

Auch das Vorliegen einer erfolgsunabhängigen Pauschalvereinbarung und den Schluss, dass hier keine Werkschuld, sondern eine Schuld von Arbeitskraft vorliege, sieht der VwGH als nicht gesichert an. Gerade die Aussage, dass es zu keinen Beanstandungen seitens des Unternehmers kam, zeigt, dass bei mangelndem Erfolg eine Entgeltminderung zu erwarten gewesen wäre. Dass bei der Kalkulation ein Zeitaufwand zugrunde liegt, widerspricht dem Vorliegen eines Unternehmerwagnisses nicht.

Auch in der Rechnungsstellung sieht der VwGH nichts, was gegen das Erbringen eines Werks spricht, wird doch in den Rechnungen immer die jeweilige Baustelle genannt, für die das Ergebnis vereinbart wurde.

4. Fazit

Der VwGH hat sehr deutlich gemacht, dass den Merkmalen der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus beim Arbeitgeber absoluter Vorrang einzuräumen ist. Insoweit hat er sich zu den anderen Punkten, die das BFG nannte, zu einigen interessanten Äußerungen hinreißen lassen:

So kann etwa das Fehlen einer Gewerbeberechtigung nicht herangezogen werden, um das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zu argumentieren! Man kann daher noch weitergehen als dies der VwGH in seinem Nebensatz getan hat: Eine 20-jährige Berufserfahrung scheint hier nicht zwingend nötig zu sein. Der verbindliche Vertrag kommt mit übereinstimmenden Parteiwillen zustande. Gewährleistungsansprüche daraus muss sich die jeweilige Vertragspartei zurechnen lassen, selbst wenn etwas vereinbart wurde, zu dessen Erbringung derjenige nicht fähig ist. Ob hier weitere (straf)rechtliche Tatbestände erfüllt sind, ist wohl nicht Gegenstand des abgaben­rechtlichen Verfahrens und kann daher auch keinen Einfluss auf die Beurteilung des Vorliegens eines steuerlichen Dienstverhältnisses haben.

Bemerkenswert scheint auch die Argumentation des BFG im Punkt der Beibringung von Arbeitsmitteln, mit dem die Relevanz dieser Tatsache nebensächlich gemacht wird, indem ins Treffen geführt wird, dass auch Dienstnehmer Arbeitsmittel beibringen und dies als Werbungskosten steuerlich geltend machen können.

Somit lässt sich abschließend zusammenfassend festhalten, dass ein Vermischen von Rechtsmaterien bei der Beurteilung der Frage über das Vorliegen eines steuerlichen Dienstverhältnisses nicht zulässig ist! Als primäre Maßstäbe sind das Vorliegen persönlicher Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in den organisatorischen Betrieb heranzuziehen. Andere Merkmale, wie etwa Unternehmerwagnis, sind nicht nebeneinander zu den beiden primären Merkmalen zu prüfen, sofern bereits eine klare Abgrenzung aus den beiden Merkmalen alleine erfolgen kann!

 

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Stand: 22.02.2019

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