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23.06.2023: Gemischte Schenkung – Abgrenzung Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit

Aufgrund des Urteils vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vom 16.11.2021 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nunmehr auch die bisherige Auslegung in den Einkommensteuerrichtlinien zur Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei einer gemischten Schenkung geändert. Lesen Sie mehr…

Was ist eine gemischte Schenkung?

Bei einer gemischten Schenkung handelt es sich um eine Schenkung mit einer Gegenleistung, weshalb sie unter gewissen Umständen insbesondere der Immobilienertragsteuer (ImmoESt.) unterliegen kann. Da die gemischte Schenkung im Ertragsteuerrecht, anders als beispielsweise in der Grunderwerbsteuer, nicht in einen unentgeltlichen, teilentgeltlichen und entgeltlichen Teil aufgespaltet, sondern dem im Vordergrund stehendem Element zugeordnet wird, nimmt die Höhe der Gegenleistung eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung ein.

Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei einer gemischten Schenkung

a) Ansicht der Finanzbehörde

Früher wurde vom BMF in den Einkommensteuerrichtlinien (Rz 6625) die Meinung vertreten, dass bei der Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei der gemischten Schenkung die aus dem Einkommensteuergesetz (§ 20) abgeleitete 50%-Grenze maßgeblich ist. Somit wurde bisher davon ausgegangen, dass einkommensteuerlich der Schenkungscharakter überwiegt und insgesamt eine unentgeltliche gemischte Schenkung vorliegt, wenn die Gegenleistung 50% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes nicht erreicht.

b) Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes

Der VwGH hat sich im viel diskutierten Erkenntnis vom 16.11.2021 mit der gemischten Schenkung sowie mit der Anwendbarkeit des Einkommensteuergesetzes (§ 20) auf gemischte Schenkungen befasst und wegweisend zur 50%-Grenze Stellung bezogen. Dabei hat der VwGH klargestellt, dass die Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei der gemischten Schenkung ausschließlich nach den von der Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit entwickelten Grundsätzen und nicht anhand des Einkommensteuergesetzes zu erfolgen hat.

Es ist somit aufgrund der objektiven Umstände auf die Schenkungsabsicht bzw. den Bereicherungswillen zu schließen, wobei es auf den Hauptzweck bzw. den Gesamtcharakter des Geschäfts ankommt. Dabei kann bei nahen Angehörigen eine Schenkungsabsicht im Zweifel vermutet werden, weshalb auch bei einem krassen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung der unentgeltliche Charakter wohl überwiegen wird. Weicht der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25% vom Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes ab und liegen keine besonderen Umstände vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist in der Regel von einem entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen.

Änderungen durch den BMF-Wartungserlass 2023 in den Einkommensteuerrichtlinien

Ende März 2023 wurde die finale Fassung des Wartungserlasses 2023 veröffentlicht, in dem das obige VwGH-Erkenntnis vom 16.11.2021 zur 75%-Grenze eingearbeitet wurde. Dankenswerter Weise hat sich das BMF für eine möglichst praktische Umsetzung entschieden, wobei zwischen Übertragungen vor und nach dem 16.11.2021 zu unterscheiden ist.

Für Übertragungen vor dem 16.11.2021 mit einer Gegenleistung zwischen 50% und 75% des gemeinen Wertes, bei der gegenüber der Abgabenbehörde keine Unentgeltlichkeit behauptet wurde, kommt aufgrund der offenkundigen Willenserklärung, ein entgeltliches Rechtsgeschäft abschließen zu wollen, eine spätere „Umqualifikation“ auf eine unentgeltliche Übertragung nicht in Betracht. War hingegen eine unentgeltliche Übertragung gewollt, die vom Finanzamt unter Berufung auf die 50%-Grenze nicht anerkannt wurde, ist eine Abänderung/Aufhebung der Bescheide möglich.

Für Übertragungen nach dem 15.11.2021 gilt nunmehr wie folgt:

  • Beträgt die Gegenleistung zumindest 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, ist davon auszugehen, dass eine (entgeltliche) Veräußerung vorliegt.
  • Beträgt die Gegenleistung höchstens 25% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, liegt eine unentgeltliche Übertragung vor.
  • Beträgt die Gegenleistung mehr als 25% aber weniger als 75% des gemeinen Wertes des übertragenen Wirtschaftsgutes, ist unter Angehörigen grundsätzlich von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen.

Im Gegensatz zur Grunderwerbsteuer, in der die Grenze zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit bei 70% und 30% liegt, sieht das Ertragsteuerrecht einen Korridor von 75% bis 25% vor.

Die 75%-Grenze ist auch für Erbteilungen und Erbauseinandersetzungen anwendbar, wobei die obigen Regelungen für die Ausgleichszahlungen aus nachlassfremden Mitteln anzuwenden sind.

 

Quelle bzw. weiterführende Informationen finden Sie unter:

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2020150015_20211116J00

Linde Verlag, SWK-News, Rechts-Newsletter vom 19.06.2023

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 23.06.2023

Artikel der Ausgabe Sommer 2023

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