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09.09.2022: Keine Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung bei Vermietung aus dem Ausland

In seiner Entscheidung hatte das Bundesfinanzgericht (BFG) die Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung bei der Vermietung einer inländischen Wohnung durch eine in Ungarn wohnhafte Vermieterin zu beurteilen. Neben der Umsatzgrenze in Höhe von EUR 35.000,- verlangt die umsatzsteuerliche Norm für seine Anwendbarkeit einen Inlandsbezug in der Form, dass der Unternehmer sein Unternehmen im Inland betreibt. An diesem Inlandsbezug mangelte es im gegeben Fall, weshalb die Kleinunternehmerbefreiung folgerichtig zu versagen war. Lesen Sie mehr…

Sachverhalt

Die in Ungarn wohnhafte Beschwerdeführerin vermietete im streitgegenständlichen Jahr eine Wohnung in Österreich. Für die daraus erzielten Umsätze machte sie von der umsatzsteuerrechtlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch. Das Finanzamt versagte daraufhin mittels Bescheid die in Anspruch genommen Steuerbefreiung mit der Begründung, dass die Kleinunternehmerregelung nur dann gewährt werden könne, wenn der die Befreiung in Anspruch nehmende Unternehmer seinen Sitz oder Wohnsitz im Inland habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin anschließend Beschwerde: Argumentativ führte sie aus, dass das Inlandserfordernis mit dem Abgabenänderungsgesetz 2016 dahingehend geändert wurde, als dass es nun auf den Betrieb eines Unternehmens im Inland ankomme und nicht mehr auf den Sitz oder Wohnsitz. Im vorliegenden Fall werde das Unternehmen in der in Österreich vermieteten Wohnung betrieben, weil die Beschwerdeführerin regelmäßig nach Österreich reise, um dort sämtliche mit der Wohnung verbundenen Entscheidungen zu treffen.

Das Finanzamt erließ daraufhin eine abweisende Beschwerdevorentscheidung: Begründend wurde angeführt, dass die Annahme, die vermietete Wohnung sei jener Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen worden seien, der Lebenserfahrung widerspreche.

Die Beschwerde wurde anschließend dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Strittig war daher, wo die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens getroffen wurden.

Entscheidung des Bundesfinanzgerichts

Nach der umsatzsteuerlichen Normierung sind die Umsätze der Kleinunternehmer unecht von Umsatzsteuer befreit. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ist unter anderem ein Inlandsbezug in der Form, dass der Unternehmer sein Unternehmen im Inland betreibt.

Dieser Inlandsbezug beruht auf Artikel 283 Absatz 1 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, wonach die Kleinunternehmerregelung nicht auf Leistungen durch einen Steuerpflichtigen angewendet werden kann, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird. Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs ist ein Steuerpflichtiger dann nicht im Inland ansässig, wenn sich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt werden, im Ausland befindet.

Für die Beurteilung, ob das Unternehmen im Inland betrieben wird, ist daher auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung abzustellen. Der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit ist als jener Ort definiert, an dem die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vorgenommen werden. Die dabei zu beachtenden Kriterien sind unter anderem der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen werden, der Ort des satzungsmäßigen Sitzes und der Ort, an dem die Unternehmensleitung zusammenkommt. Eine feste Niederlassung ist jede Niederlassung, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie Struktur aufweist, die es von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden.

Im vorliegenden Fall wurden – dem BFG zufolge – die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens in Ungarn getroffen. Zwar wurden laut der Beschwerde die Aktivitäten im Zusammenhang mit der Vermietung und Instandhaltung der Wohnung durch die Beschwerdeführerin selbst in Wien und nicht durch eine Hausverwaltung erbracht. Für die Beurteilung, wo die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens getroffen wurden, ist dies allerdings nicht von Bedeutung.

Auch vorgelegte inländische Bankverbindungen, über die die mit der Vermietung verbundenen Transaktionen abgewickelt wurden, führen nicht zur Annahme, dass die wesentlichen Entscheidungen in Österreich getroffen wurden. Es widerspricht jedenfalls – wie bereits vom Finanzamt vorgebracht – der Lebenserfahrung anzunehmen, dass in der an einen Dritten vermieteten Wohnung die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des Unternehmens getroffen wurden.

Dafür spricht auch, dass die Verwaltungsunterlagen in Bezug auf die Wohnung nicht in Österreich, sondern in Ungarn an ihrem privaten Wohnsitz aufbewahrt wurden. Auch das Bestehen einer festen Niederlassung war aufgrund mangelnder Struktur in personeller und technischer Hinsicht zu verneinen. Denn dazu hätte im Inland ein Büro unterhalten werden müssen, von dem aus die Beschwerdeführerin die Vermietungstätigkeit verwaltete. Die vermietete Wohnung an sich kann nach ständiger Rechtsprechung keine feste Niederlassung begründen. Im Ergebnis war die Kleinunternehmerbefreiung daher mangels Inlandsbezug zu versagen.

Fazit

Seit dem Abgabenänderungsgesetz 2016 stellt das Umsatzsteuergesetz für den Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung nicht mehr auf einen inländischen Wohnsitz oder Sitz des Unternehmers ab, sondern darauf, ob der Unternehmer sein Unternehmen im Inland betreibt. Dementsprechend ist die Kleinunternehmerregelung auch dann anwendbar, wenn ein im Ausland ansässiger Unternehmer sein Unternehmen im Inland betreibt. Die Entscheidung des BFG steht im Ergebnis in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs. Zwar erging die einschlägige Rechtsprechung teils zur Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2016, nach welcher das Umsatzsteuergesetz noch auf einen inländischen Wohnsitz oder Sitz abstellte. Dies ändert allerdings nichts an deren Einschlägigkeit, weil mit dem Abgabenänderungsgesetz 2016 lediglich den unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen werden sollte. Bereits vor dieser Novellierung wurde für die Beurteilung des Inlandsbezugs richtigerweise auf die Ansässigkeit im unionsrechtlichen Sinn abgestellt.

 

Quelle bzw. weiterführende Informationen finden Sie unter:

https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=2411a74a-05c5-48d8-a3e4-10f9635ab59f

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 09.09.2022

Artikel der Ausgabe Sommer 2022

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