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Informationen zum Steuerrecht

24.07.2020: Arbeitslosigkeit bei Selbständigkeit

Die Ausübung einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit ist zwar auch neben dem Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zulässig, die Tücken der dafür maßgeblichen Regelungen stecken aber im Detail. Insbesondere kann es durch rückwirkende Aufrollung der Ansprüche nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides zu Rückzahlungsverpflichtungen kommen. Lesen Sie mehr…

 

Arbeitslosigkeit

Der Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung setzt Arbeitslosigkeit voraus. Gemäß gesetzlicher Definition im Arbeitslosenversicherungsgesetz gilt ein selbständig Tätiger als arbeitslos, wenn weder das aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen (zuzüglich der als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemachten SV-Beiträge) noch 11,1 % des Umsatzes die (monatliche) Geringfügigkeitsgrenze übersteigen. Die maßgebliche Umsatzgrenze beträgt somit im Jahr 2020 (EUR 460,66 x 100 : 11 =) EUR 4.150,09 monatlich (das entspricht daher einem Jahresbetrag von EUR 49.801,08). Die im Jahr 2020 geltende monatliche Geringfügigkeitsgrenze für die Höhe des Einkommens (EUR 460,60) entspricht einem Jahresbetrag von EUR 5.527,92.

Die betreffende selbständige Tätigkeit unter der Geringfügigkeitsgrenze kann auch bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit aufgenommen worden sein. Um arbeitslos zu sein, darf aber überdies aber keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mehr bestehen!

Einkommensermittlung

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz kennt dabei auch Tatbestände, bei denen das relevante Einkommen pauschal zu ermitteln ist. So ergibt sich bei Einkünften aus einer selbständigen Tätigkeit oder einem Gewerbebetrieb, für die/den keine Bücher geführt werden (müssen) und bei der/dem die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinn­ermittlung mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden, das relevante Einkommen durch Erhöhung der steuerrechtlich relevanten Einkünfte um 10 %.

Erklärung des Arbeitslosen

Die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt in mehreren Schritten: Selbständig Erwerbstätige müssen zunächst während des Bezugs von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung monatlich im Nachhinein ihre Einkommens- bzw. Umsatzentwicklung erklären. Anhand dieser Erklärungen (und allenfalls geeigneter Nachweise) wird Monat für Monat ermittelt, ob Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung besteht oder nicht. Eine rückwirkende Aufrollung vergangener Leistungszeiträume wird dabei aber nicht vorgenommen.

Beispiel: Der Arbeitslose erklärt, im Juli 2020 (erster Monat des Leistungsbezugs) ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von EUR 400,- bezogen zu haben (der Umsatz wird hier vernachlässigt). Aufgrund dieser Erklärung besteht der Leistungsanspruch daher zu Recht. Für August wird ein Einkommen von EUR 600,- bezogen. Das durchschnittliche Einkommen für Juli und August beträgt daher EUR 500,-. Da damit die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird, hat dies zur Folge, dass ab September 2020 keine Leistung mehr gebührt. Eine Aufrollung der bereits bezogenen Leistungen erfolgt jedoch (in diesem Stadium) nicht.

Bezieht der Arbeitslose z.B. im September ein Einkommen von EUR 200,-, so sinkt das durchschnittlich bezogene Einkommen damit (wieder) unter die Geringfügigkeitsgrenze, weshalb der Leistungsanspruch für bzw. ab Oktober 2020 wieder besteht. Es wird daher eine sogenannte rollierende Betrachtungsweise vorgenommen.

Rückwirkende Neuberechnung

Anhand des rechtskräftigen Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen wurde, erfolgt dann im Nachhinein eine rückwirkende Neuberechnung der Ansprüche. Das AMS ist dabei an die Steuerbescheide (d.h. die Höhe der darin festgelegten Beträge) gebunden.

Ergibt sich aus dem Steuerbescheid, dass die Leistung nicht im bezogenen Umfang gebührte, besteht eine Verpflichtung zum Rückersatz. Das Ausmaß des Rückersatzes hängt dabei davon ab, ob den Leistungsempfänger ein Verschulden trifft, da die Rückforderung bei Fehlen eines Verschuldens mit der Höhe des erzielten Einkommens limitiert ist. Ergibt sich aufgrund des Steuerbescheides dagegen, dass eine höhere Leistung gebührt hätte, so ist die Differenz nachzuzahlen.

Anmerkung: Aufgrund dieser Durchschnittsbetrachtung kann daher auch ein Einkommen bzw. Umsatz in einer Höhe, die die Geringfügigkeitsgrenze zwar bloß in wenigen Monaten, dafür aber deutlich überschreitet, zu einer Rückforderung der gesamten Leistung führen.

Beispiel: Der Arbeitslose erzielt im Laufe eines Kalenderjahres aus selbständiger Tätigkeit in 10 Monaten ein Einkommen von jeweils EUR 400,-, in einem Monat von EUR 500,- und im letzten Monat von EUR 1.200,-. Insgesamt beträgt das Jahreseinkommen daher EUR 5.700,-, weshalb für keinen Monat des betreffenden Kalenderjahres Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung besteht.

Jahresbetrachtung

Für die Ermittlung der Höhe des maßgeblichen Einkommens bzw. Umsatzes ist dabei wesentlich, ob die selbständige Tätigkeit während des gesamten Kalenderjahres ausgeübt wurde oder nicht. Bei durchgehender Ausübung der selbständigen Tätigkeit ist das/der im Steuerbescheid ausgewiesene Einkommen/Umsatz durch zwölf zu teilen. Andernfalls ist dieser Betrag durch die Zahl der Monate zu teilen, in denen die Tätigkeit ausgeübt wurde. Aufgrund höchstgerichtlicher VwGH-Judikatur wird dies damit begründet, dass bei selbständig Erwerbstätigen das (unterjährige) monatliche Einkommen erheblich stärker schwankt als das Einkommen unselbständiger Beschäftigter und aus diesem Grund eine Durchschnittsbetrachtung erfolgt.

Wird eine selbständige Erwerbstätigkeit während des Jahres beendet und wiederaufgenommen, sind (ebenfalls) die Monate des Jahres ausschlaggebend, in denen die betreffende Tätigkeit ausgeübt wurde. Diese müssen folglich aufsummiert werden. Wird eine selbständige Tätigkeit z.B. von Februar bis Mai und danach wieder von Oktober bis Dezember ausgeübt, so ist das/der im Steuerbescheid für dieses Jahr ausgewiesene Einkommen/Umsatz durch sieben zu teilen.

Zeitliche Diskrepanz

Diese Jahresbetrachtung hat daher auch Auswirkungen auf Fälle, in denen die Zeiträume des Bezugs von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit voneinander abweichen. Dabei ist insbesondere die Konstellation problematisch, in welcher der Arbeitslose nach Beendigung des Leistungsbezugs eine selbständige Tätigkeit aufnimmt, da in diesem Fall während des Leistungsbezugs keine monatlichen Erklärungen abgegeben werden können. Die Beurteilung, ob die Leistung zu Recht empfangen wurde, kann daher ausschließlich erst im Nachhinein (aufgrund des Steuerbescheides) vorgenommen werden.

Beispiel: Der Arbeitslose bezieht von Jänner bis Juni Arbeitslosengeld und nimmt (erst) danach (also ab Juli) eine (bis zumindest Jahresende andauernde) selbständige Tätigkeit auf. Das/der bis Jahresende erzielte Einkommen/Umsatz (laut Steuer­bescheid) ist daher in diesem Fall durch sechs zu teilen (wäre die Tätigkeit das ganze Jahr über – also auch während des Bezugs von Arbeitslosengeld – ausgeübt worden, wäre der Teiler dagegen zwölf).

Wird dadurch die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten, ist eine Rückforderung aber mit der Höhe des erzielten Einkommens begrenzt, da während des Bezugs von Arbeitslosengeld – mangels Ausübung einer selbständigen Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt – keine Meldepflicht bestand und den Arbeitslosen daher auch kein Verschulden an einer Meldepflichtverletzung treffen konnte.

 

Quelle bzw. weiterführende Informationen finden Sie unter:

Lindeverlag, Fachzeitschrift PV-Info, 15. Jahrgang, Heft 7-8/2020 vom Juli/August 2020

 

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 24.07.2020

Artikel der Ausgabe Sommer 2020

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