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14.10.2022: Besteuerung einer beabsichtigten Betriebsaufgabe – Gerichtsurteil

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte sich mit der Anwendbarkeit des Einkommensteuer-Hälftesteuersatzes in einer Konstellation zu befassen, in der der Steuerpflichtige die gänzliche Einstellung seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit als Ziviltechniker und Sachverständiger beabsichtigt hatte, jedoch kurz nach dem Zeitpunkt der vermeintlichen Betriebsaufgabe Sachverständigenleistungen erbrachte. Das BFG verneinte die Anwendbarkeit des Hälftesteuersatzes mangels Einstellung der Erwerbstätigkeit, bejahte aber das Vorliegen einer steuerpflichtigen Betriebsaufgabe. Lesen Sie mehr…

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer unterhielt jahrzehntelang einen Betrieb, der seine Tätigkeiten als Ziviltechniker und Sachverständiger umfasste. Am 30.06.2015 legte er seine Sachverständigenbefugnis nieder und wurde das Erlöschen der Eigenschaft des Beschwerdeführers als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger bescheidmäßig erklärt. Ebenso wurde mit Bescheid vom 06.07.2015 festgestellt, dass die dem Beschwerdeführer verliehene Befugnis für die Betätigung als Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen mit Wirksamkeit vom 30.06.2015 erloschen ist. Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bereits älter als 60 Jahre und beabsichtigte laut eigenen Angaben, „den Betrieb nicht mehr wiederaufzunehmen und fortan nur mehr Pensionseinkünfte zu beziehen“.

Das BFG kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer trotz Entfernung aus der Liste der Sachverständigen nach dem 30.06.2015 weiterhin Sachverständigenleistungen erbrachte und daraus sowohl im zweiten Halbjahr 2015 als auch im Jahr 2016 Einkünfte über EUR 730,- erzielte. Jedoch war laut Gericht zugleich unstrittig, dass der einheitliche Betrieb zum 30.06.2015 beendet worden war und daraus ein Aufgabegewinn in Höhe von EUR 66.187,08 resultierte. Diesen wollte der Beschwerdeführer zum halben Durchschnittssteuersatz versteuern, weshalb er einen entsprechenden Antrag in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 stellte. Das Finanzamt verweigerte letztlich die Anwendung des Hälftesteuersatzes mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer angesichts der nach dem 30.06.2015 erbrachten Sachverständigenleistungen seine Erwerbstätigkeit nicht eingestellt habe. Der Aufgabegewinn sei daher zum Regeltarif zu versteuern, aber nur insoweit, als er den gesetzlichen Freibetrag von EUR 7.300,- übersteigt. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag.

Entscheidung des BFG

Das Gericht schloss sich der Rechtsansicht des Finanzamts an und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Wie das Finanzamt kam das BFG zum Schluss, dass der Beschwerdeführer seine Sachverständigentätigkeit per 30.06.2015 beendet und unmittelbar darauf wieder aufgenommen hat, weshalb einerseits ein Aufgabegewinn zum 30.06.2015 zu ermitteln sei und andererseits dessen Besteuerung zum Hälftesteuersatz mangels Einstellung der Erwerbstätigkeit nicht zustehe. Da im vorliegenden Fall keine Ermäßigung der Progression (Hälftesteuersatz) anwendbar sei, habe das Finanzamt richtigerweise den gesetzlichen Freibetrag von EUR 7.300,- amtswegig berücksichtigt.

Eine ordentliche Revision erklärte das BFG für nicht zulässig, eine außerordentliche Revision wurde – bis jetzt – nicht erhoben.

Fazit

Wie das Gericht attestiert, war im Verfahren unstrittig, dass per 30.06.2015 eine Aufgabe des Betriebs, der sowohl die Tätigkeit als Ziviltechniker und Sachverständiger umfasste, erfolgt ist. Zugleich kam das BFG jedoch zum Schluss, dass der Beschwerdeführer „bereits unmittelbar nach dem 30. Juni 2015 wieder erwerbswirtschaftlich tätig gewesen ist“, und zwar als Sachverständiger. Damit erscheint aber zweifelhaft, dass der (ganze) Betrieb per 30.06.2015 wirklich aufgegeben worden ist: Eine Betriebsaufgabe im Sinne des Einkommensteuergesetzes setzt nämlich die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit voraus, im Falle einer Fortsetzung in vermindertem Ausmaß liegt dagegen bloß eine Betriebseinschränkung vor.

 

Quelle bzw. weiterführende Informationen finden Sie unter:

LexisNexis, Lexis360, Rechtsnews vom 10.10.2022

https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=8e461d78-2dbb-46ef-b382-6db0e3c4b744

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 14.10.2022

Artikel der Ausgabe Herbst 2022

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